Schreckgespenst Überschuldung: Die Anleitung zur proaktiven Abwehr

Überschuldung

Folgendes erwartet dich in diesem Beitrag über Überschuldung:

Bilanzielle Überschuldung liegt vor, wenn die Schulden eines Unternehmens das vorhandene Vermögen übersteigen. Dies ist nicht nur unangenehm, sondern kann auch rechtliche Konsequenzen haben.

Trotz der schon per Gesetz gegebenen Wichtigkeit der Überschuldung, haben viele Unternehmen diese nicht am Radar, was spätestens beim Jahresabschluss sehr unangenehme Überraschungen haben kann.

Wir zeigen euch in diesem Beitrag, wie ihr den Grad eurer Überschuldung feststellt und welche Gegenmaßnahmen ihr setzen könnt.

1. Überschuldung feststellen

Bevor wir uns an die Berechnung der möglichen Überschuldung machen, stecken wir noch den inhaltlichen Rahmen ab:

Was bedeutet Überschuldung?

Bilanzielle Überschuldung liegt vor, wenn die Schulden eines Unternehmens das vorhandene Vermögen übersteigen. Um dies festzustellen benötigen wir also zwei Elemente:

Die bilanzielle Überschuldung ist keine interne frei definierbare Kennzahl, sondern ist vom Gesetzgeber definiert:

Die bilanzielle Überschuldung verpflichtet neben der Zahlungsunfähigkeit zur Stellung eines Insolvenzantrages, sofern keine positive Fortführungsprognose besteht.

Wie kann ich eine mögliche Überschuldung ermitteln?

Die Basisdaten zur Ermittlung finden sich in der Bilanz:

Position Inhalt
A.
Anlagevermögen
Immaterielle Vermögensgegenstände, Sachanlagen, Finanzanlagen
B.
Umlaufvermögen
Vorräte, Forderungen, Kasse & Bankguthaben
C.
Aktive Rechnungsabgrenzungen
Bezahlte Aufwendungen, die wirtschaftlich in das Folgejahr gehören
=
Summe Aktiva
A. + B. + C.
A.
Eigenkapital
Stammkapital, Kapital-/Gewinnrücklagen, Gewinn-/Verlustvortrag, Periodenergebnis
B.
Rückstellungen
für Abfertigungen, Pensionen, Steuern etc.
C.
Verbindlichkeiten
an Lieferanten, Steuer, Sozialversicherungen, sonstige
D.
Passive Rechnungsabgrenzungen
Erhaltene Zahlungen für Erträge, die wirtschaftlich in das Folgejahr gehören
=
Summe Passiva
A. + B. + C. + D.

Die bilanzielle Überschuldung wird mit dieser Formel berechnet:

Bilanzielle Überschuldung: Vermögen – Verbindlichkeiten < 0 EUR

Da in dem Fall die Verbindlichkeiten (Fremdkapital) das Vermögen (Aktivseite) übersteigen, bedeutet dies auch ein negatives Eigenkapital.

Mit dieser Vorlage kannst du einfach die relevanten Bilanzpositionen für die Feststellung der bilanziellen Verschuldung erfassen

2. Überschuldung interpretieren

Eine bilanzielle Überschuldung bedeutet nicht automatisch insolvenzrechtliche Konsequenzen. Vielmehr ergibt sich aus ihr ein dringlicher Handlungsbedarf für die Geschäftsführung. 

Im ersten Schritt geht es darum, die Ergebnisse zu analysieren und zu interpretieren. Dazu sind folgende Fragestellungen relevant:

Wie wird sich die Schuldenlage erwartbar entwickeln?

Der Blick auf Vermögen und Schulden in der Bilanz ist vergangenheitsbezogen und berücksichtigt keine zukünftigen Entwicklungen. Daher solltet als ersten Schritt eine realistische Bilanzplanung für die kommenden Monate erstellen und die Entwicklung der Schulden darstellen.

Unser Tipp: Hier erfährt ihr, wie ihr in wenigen Schritten eine Bilanzplanung entwickelt: Bilanzplan erstellen

Wie ist die Liquiditätslage?

Die Überschuldung ist nur ein Teil der Frühwarnung. Sie muss immer in Zusammenhang mit der tatsächlichen Liquiditätslage bewertet werden. Die Liquidität bestimmt, ob ihr mit euren vorhanden liquiden Mitteln zu jeder Zeit euren Zahlungsverpflichtungen nachkommen könnt.

Unser Tipp: Die Berechnung der Liquiditätslage erfolgt über die Liquiditätsgrade: Liquidität berechnen

Gibt es stille Reserven im Vermögen oder in den Schulden?

Die Vermögenswerte in der Bilanz entsprechen nicht zwingend den Marktwerten. Wenn ihr beispielsweise Teile eures Vermögens zu höheren Beträgen veräußern könnt, verringert diese wiederum euren Schuldenstand. Die selbe Logik funktioniert auch bei den Schulden, wenn Verbindlichkeiten oder Rückstellungen zu hoch bewertet sind.

Unser Tipp: Prüft mit eurer Steuerberatung, ob alle relevanten Bilanzwerte auch unterjährig korrekt erfasst sind. Gerade bei den Vermögenswerten sind häufig nicht alle Daten akkurat.

3. Maßnahmen gegen Überschuldung

Wie immer im Controlling ist das Setzen von proaktiven Maßnahmen auch bei der potenziellen Überschuldung die wichtigste Tugend. In der Regel habt ihr folgende Stellschrauben:

Maßnahmen gegen Überschuldung: Vermögen & Eigenkapital

Die gesunderen Maßnahmen finden sich in der Regel im operativen Geschäft und in der Steigerung des Eigenkapitals. Folgende Maßnahmen solltet ihr euch ansehen:

Maßnahmen gegen Überschuldung: Fremdkapital

Ein zweiter Ansatzpunkt findet sich auf der Schuldenseite. Diese Maßnahmen bedingen die Mitwirkung eurer Gläubiger. Folgende Maßnahmen solltet ihr euch ansehen:

Unser Tipp: Die genannten Maßnahmen sind keine „Schnellschüsse“ und nicht für Alleingänge geeignet. Beratet euch dazu mit euren Gesellschafter:innen und Sparringspartnern. 

Fazit: Dem Schreckgespenst könnt ihr aktiv entgegenwirken

Die Überschuldung ist keine Ausnahmeerscheinung für KMU und Startups. So waren laut einem Bericht KMU Forschung Austria aus 2021 zwischen 20-29% der österreichischen KMU überschuldet. Umso wichtiger ist es, dass das Thema auf den Radar eurer Unternehmenssteuerung kommt.

Um das Schreckgespenst gar nicht erst durch eure Türen zu lassen, solltet ihr die wichtigsten Bilanzkennzahlen monatlich in euer Reporting aufnehmen und bei negativen Entwicklungen rasch ins Handeln kommen.

Weiterführende Informationen

SAGE: Erläuterung zur Überschuldung

Trend: Wie man eine Überschuldung abwenden kann

Wir sind neugierig auf eure Erfahrungen!

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Die wichtigsten Fragen des Beitrags noch mal auf einen Blick

Bilanzielle Überschuldung liegt vor, wenn die Verbindlichkeiten das verfügbare Vermögen übersteigen. Das Eigenkapital ist damit negativ.

Grundlage zur Ermittlung sind das Anlage- und Umlaufvermögen und das Fremdkapital. Beide Elemente finden sich in der Bilanz.

Maßnahmen gegen Überschuldung können sein:

  • Profitabilität steigern
  • Eigenkapital generieren
  • Verbindlichkeiten zu Eigenkapital wandeln (Debt-to-Equity Swap)
  • Rangrücktritte der Gläubiger erwirken
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