Dein Bankkonto lügt! Die gefährliche Versuchung hoher Kontostände

Dein Bankkonto lügt
Folgendes erwartet dich in diesem Beitrag zum Thema dein Bankkonto lügt:
Management by Kontostand ist nach wie vor eine weit verbreitete Praxis von Dienstleistungsunternehmen. Viele gestandene Unternehmer:innen, mit denen ich spreche, erzählen mir, dass das Bankkonto ihre wichtigste Kennzahl ist. Viele erzählen mir dann auch, wie sie diese Praxis fast ruiniert hat.
Hier ist die Geschichte eines fiktiven Unternehmens, das sich zu sehr auf den Kontostand verlassen hat ergänzt um wichtige Learnings für dein Liquiditätsmanagement.

CashGrow GmbH: Eine Fallstudie trügerischer Kontostände

Die CashGrow GmbH macht am Papier alles richtig: Die Aufträge laufen gut, der Kontostand wächst von Monat zu Monat und die Stimmung in der Geschäftsführung ist optimistisch. Doch diese scheinbare Erfolgsgeschichte nahm eine plötzliche Wendung – und endete beinahe in der Zahlungsunfähigkeit.
Was ist passiert? Kurzum die CashGrow wurde von ihrem Bankkonto reingelegt. Folgende Punkte wurden übersehen:

Das Ergebnis: Obwohl der Kontostand auf den ersten Blick stabil wirkte, fehlte plötzlich die Liquidität. Nur durch einen spontanen Gesellschafterkredit konnte das Ganze nach einigen schlaflosen Nächten gerettet werden. Das wäre vermeidbar gewesen …

Warum auch dein Kontostand lügt

Für viele mittelständische Dienstleister ist der Bankkontostand ein vermeintlich einfacher Indikator für den Erfolg. Schließlich zeigt er ja den aktuellen Cash Bestand und wenn der wächst, ist doch alles gut
Leider und glücklicherweise ist die Business Welt nicht so einfach. Ein Kontostand ist genau das, was sein Name sagt:

Kontostand = der Stand deines Bankkontos zu einem gewissen Zeitpunkt und die Differenz zwischen schon getätigten Einzahlungen und Auszahlungen.

Spannender ist aber, was dir dein Kontostand alles nicht sagt:

Wenn du also nur auf dein Bankkonto schaust, siehst du immer nur das, was schon passiert ist, nie das, was noch auf dich zukommt. Genau darum geht es aber im Cash Management – steuern, was auf dich und deine Liquidität zukommt.

Und wer sagt mir dann die Wahrheit? Hier ist dein Working Capital..

Wenn du die Wahrheit über deine Liquiditätslage wissen willst, ist dein Bankkonto nur ein Teil der Gleichung, die so aussieht:

Working Capital = Umlaufvermögen – kurzfristige Verbindlichkeiten

Wie die Gleichung zeigt, wollen wir das Working Capital (deutsch: Betriebsvermögen) ermitteln. Das Working Capital zeigt den Teil des kurzfristig verfügbaren Vermögens, der nicht bezahlt werden muss und daher zur Verfügung steht.
Für die Gleichung benötigst du zwei Elemente:

Diese Zahlen findest du nicht am Bankkonto, sondern in der Bilanz und zwar hier:

Position Inhalt
A.
Anlagevermögen
Immaterielle Vermögensgegenstände, Sachanlagen, Finanzanlagen
B.
Umlaufvermögen
Vorräte, Forderungen, Kasse & Bankguthaben
C.
Aktive Rechnungsabgrenzungen
Bezahlte Aufwendungen, die wirtschaftlich in das Folgejahr gehören
=
Summe Aktiva
A. + B. + C.
A
Eigenkapital
Stammkapital, Kapital-/Gewinnrücklagen, Gewinn-/Verlustvortrag, Periodenergebnis
B.
Rückstellungen
für Abfertigungen, Pensionen, Steuern etc.
C.
Verbindlichkeiten
an Lieferanten, Steuer, Sozialversicherungen, sonstige
D.
Passive Rechnungsabgrenzungen
Erhaltene Zahlungen für Erträge, die wirtschaftlich in das Folgejahr gehören
=
Summe Passiva
A. + B. + C. + D.

Die magische Kennzahl, die dir sagt, welcher Anteil der kurzfristigen Verbindlichkeiten über das Working Capital gedeckt ist, heißt Working Capital Ratio.

Working Capital Ratio = Working Capital / Verbindlichkeiten *100
Die Logik dahinter ist einfach: Wenn dein Working Capital größer als deine Verbindlichkeiten ist, hast du schnell verfügbare Mittel um deine kurzfristigen Schulden zu begleichen.

Unser Benchmark: Deine Working Capital Ratio sollte = >125% sein

So managed du dein Working Capital

Nun wissen wir, dass Working Capital Management für deine Liquidität viel besser ist als Management by Kontostand. Dennoch tun sich viele Unternehmer:innen schwer, ihr Working Capital laufend zu optimieren. Hier sind meine besten Tipps dazu:

Zahlungseingänge beschleunigen: „Schneller Geld reinholen“ ist die. Devise für die Zahlungseingänge. Je schneller deine Kunden bezahlen, desto schneller sind finanzielle Mittel verfügbar. Das kannst du tun:

Auszahlungen zeitlich optimieren: Wenn für die Zahlungseingänge die Devise der Beschleunigung gilt, ist es bei den Zahlungsausgängen nämlich umgekehrt:

Reserve für „Überraschungen“: Bei aller Planung gibt es in der Liquidität immer wieder Überraschungen. Die Klassiker sind Steuer- oder Sozialversicherungszahlungen, höhere Zinsen, Gebühren etc. Dafür legst du dir am Besten eine Reservekonto an:

Unser Tipp: Die Steuerung deines Working Capitals kannst du über die Bilanz (die gibt es monatlich) und laufend über ein modernes Belegmanagement Tool machen

Fazit: Lass dich von deinem Bankkonto nicht belügen

Der Kontostand allein ist ein gefährlicher und unzureichender Indikator für die Gesundheit deines Unternehmens. Er vernachlässigt fast alles, was für deine Liquidität wichtig ist. Dein Unternehmen nach dem Kontostand zu steuern ist im besten Fall fahrlässig.
Was du brauchst ist ein fundiertes Working Capital Management, das dir zeigt, wie viel Geld du wirklich hast und was kurzfristig auf dich zukommt. All das erzählt dir dein geliebter Kontosand nämlich nicht.

Weiterführende Informationen

bilendo: Detaillierte Erläuterung zum Working Capital Management von den Spezialisten

COMMITLY: Gesammelte Werke rund um die Liqudität von unserem Cash Management Partner

Wir sind neugierig auf eure Erfahrungen!

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Die wichtigsten Fragen des Beitrags noch mal auf einen Blick

Nein, der Kontostand bildet den aktuellen Saldo der Ein- und Auszahlungen und berücksichtigt keine offenen Posten oder noch nicht gestellten Rechnungen.
Die Working Capital Ratio misst, wie gut dein kurzfristiges Vermögen deine laufenden Verbindlichkeiten deckt. Die Kennzahl ist eine unerlässliche Messgröße für dein Liquiditätsmanagement.
INHALT

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