Risikomanagement: Handeln statt fürchten

Risikomanagement

Folgendes erwartet dich in diesem Beitrag über Risikomanagement:

Unternehmerisch tätig zu sein bedeutet Risiken zu akzeptieren. Eines unserer liebsten Motivationszitate kommt von Vergil und heißt: „Dem Wagemutigen hilft das Glück“.

Jedoch ist die reine Hingabe zum Prinzip Hoffnung nicht nur naiv, sondern für Unternehmer:innen auch grob fahrlässig. Daher muss der Hoffnung ein aktives Risikomanagement, mit dem Risiken erkannt, bewertet und gesteuert werden können, zur Seite gestellt werden.

In diesem Blogbeitrag geben wir euch ein Framework zur Etablierung eines  effektiven Risikomanagement in eurem Unternehmen an die Hand.

Warum Risikomanagement gerade jetzt notwendig ist

Wir erleben immer wieder Zeiten großer Unsicherheit. Der toxische Kreislauf von sinkender Nachfrage und steigenden Preisen setzt vor allem Klein- und Mittelunternehmen (KMU) enorm zu. Dies belegen nicht nur einschlägige Indizes, wie der Jimdo-ifo-Index, sondern auch harte Fakten, wie die Insolvenzstatistiken von KMU in Deutschland und Österreich. Diese Gesamtlage führt bei vielen Unternehmer:innen zu einer „Kopf-in-den-Sand“ Mentalität.

Da „Kopf-in-den-Sand“ maximal im Strandurlaub Sinn macht, wollen wir euch ein Framework für ein aktives Risikomanagement an die Hand geben, das euch dabei hilft, die folgenden vier Erfolgskriterien zu erreichen:
Risikomanagement

Geneigte Leser:innen werden eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Risikomanagement-Kreislauf und dem Controlling-Kreislauf (siehe beispielsweise OKR-Management) erkennen. Das ist kein Zufall, denn Controlling ist das beste Risikomanagement.

Mit einem aktiven Risikomanagement reduziert ihr die Gefahr von unternehmerischen Krisen durch strukturierte Planung und Steuerung bestehender oder drohender Risiken.

Im Folgenden gehen wir die Schritte des Risikomanagement durch und zeigen euch, wie ihr diese in eurem Unternehmen umsetzen könnt.

Risikomanagement Schritt 1: Risiken erkennen

Im ersten Schritt des Risikomanagement geht es darum, sich einen Überblick über bestehende oder drohende Risiken zu verschaffen. Im unternehmerischen Kontext ist die Mutter aller Risiken die Insolvenz, also die Zahlungsunfähigkeit. Daher ist unser oberstes Ziel im Risikomanagement, potenzielle Risiken, die zur Insolvenz führen können zu eliminieren. Dazu zählen:

Die oben angeführten Risiken sind keine Inseln, sondern beeinflussen sich gegenseitig. So führen sinkende Erträge zu geringeren Zahlungseingängen und letztlich fehlender Liquidität.

Um diese Risiken rechtzeitig zu erkennen, benötigt ihr ein Berichtswesen, das euch die wichtigsten Kennzahlen aus Profitabilität, Bilanz und Cashflow monatlich darstellt und negative Entwicklungen klar ersichtlich macht. Die relevanten Zahlen hierzu kommen aus der Buchhaltung. Folgende Indikatoren sind für das Risikomanagement relevant:

Bericht Risikoindikatoren
Umsatzerlöse, Rohertrag, EBIT
Umsatzrentabilität, Eigenkapitalrentabilität
Net Working Capital, Working Capital Ratio
Eigenkapitalquote, Nettoverschuldung, Schuldentilgungsdauer
Operativer Cashflow, Free Cash Flow
Veränderung liquide Mittel
Ein integriertes Berichtswesen zeigt die monatlichen Entwicklungen der wichtigsten Risikoindikatoren und weist auf negative Entwicklungen hin.
Mit einer solchen Übersicht habt ihr die Grundlage für euer Risikomanagement geschaffen. Nun geht es darum, den Risikoindikatoren einen Kontext zu verpassen.

Risikomanagement Schritt 2: Risiken bewerten

Die monatliche Darstellung der oben genannten Indiikatoren gibt euch einen idealen Überblick über eure finanzielle Situation. Damit ihr diese jedoch auch sinnvoll bewerten könnt, benötigt ihr zwei Werkzeuge:

Zielwerte und Benchmarks

Die monatlichen Zahlen der Risikoindikatoren sagen an sich noch wenig aus, wenn sie nicht gegen Zielwerte oder Benchmarks gehalten werden.

Zielwerte sind die Werte aus eurer Planung (Budget und/oder Forecasts). Solltet ihr noch keine Planungen für alle Risikoindikatoren durchgeführt haben, zeigen wir euch im Abschnitt „Risiken planen“, wie ihr eine solche Planung aufstellen könnt.

Benchmarks sind allgemeine Zielgrößen für Branchen oder Unternehmensgrößen. Damit ihr nicht lange suchen müsst, haben wir euch für alle relevanten Risikoindikatoren Benchmarks zusammengestellt. Klickt dazu einfach auf die Links bei den Risikoindikatoren:

Unser Tipp: Zeigt in euerem Berichtswesen immer die Abweichungen zu euren Zielwerden und Benchmarks, damit ihr die Risikopotenziale auf einen Blick erkennt.

Bewertung im Zeitverlauf

Ein Warnsignal im Risikomanagement sind schwankende oder negative Entwicklungen der Risikoindikatoren im Zeitverlauf. Für eure Risikobewertung ist es daher notwendig, dass ihr die Zahlen nicht nur für den aktuellen Monat analysiert, sondern die Entwicklung der letzten 13 Monate begutachtet. Dies kann beispielsweise so aussehen:
Risikomanagement

Die Grafik zeigt eine schwankende Cashflow Entwicklung mit deutlichen Abschwächungen im Quartal 2. Obwohl also aktuell kein akutes Risiko vorherrscht, ist eine Vorbereitung auf die schwächeren Monate sinnvoll.

Unser Tipp: Integriert mindestens alle Einzelmonatswerte der Buchhaltung der letzten zwei Geschäftsjahre in euer Reporting.

Mit der Bewertung der Risikoindikatoren gegen die Zielwerte habt ihr die aktuellen (Zielwerte) und drohenden Risiken (Zeitverlauf) herausgefiltert und könnt euch an deren Bewältigung machen.

Risikomanagement Schritt 3: Risiken planen

Eine bekannte Reaktion auf identifizierte Risiken ist entfesselter Aktionismus. So sehr wir unternehmerische Energie schätzen, führt diese „Strategie“ nicht zum Ziel. Was uns dafür zum Ziel führt, ist ein guter Plan. Für den Schritt der Risikoplanung sind zwei Werkzeuge wichtig:

Integrierte Planung

Da die finanziellen Risiken keine Inseln sind, sondern sich gegenseitig beeinflussen, muss auch die Planung im Risikomanagement diese Abhängigkeiten berücksichtigen. Das Mittel der Wahl hierzu ist die integrierte Planung.

Die integrierte Planung bildet die Bereiche Profitabilität, Bilanz und Cashflow in einem geschlossenen System ab und zeigt die Verbindungen zwischen diesen auf. Folgende Grafik zeigt die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Planungen:
Risikomanagement

Unser Tipp: Hier findet ihr eine umfassende Anleitung zur Etablierung einer integrierten Planung in eurem Unternehmen: Integrierte Planung aufsetzen

Szenarien planen

Eine Planung ist gut, viele Planungen sind besser. Gerade im Risikomanagement ist es wichtig, verschiedene Szenarien durchzuspielen. Diese können folgende Fragen berücksichtigen:

Anhand dieser Fragen könnt ihr verschiedene Szenarien durchspielen:
Szenario Annahme Hauptfragen
Expected case
Alles verläuft wie erwartet, kleinere Abweichungen
Wohin entwickeln wir uns?
Welche Sicherheiten können wir aufbauen?
Pessimistic case
Ertrags-, Kosten- und Liquiditätslage verschlechtern sich, das Geschäft läuft aber grundsätzlich stabil weiter
Wohin entwickeln wir uns?
Wie viel Puffer haben wir zur Verfügung?
Worst case
Die Gesamtlage verschlechtert sich dramatisch, das Geschäft bricht ein
Wie lange kommen wir noch mit unseren Mitteln durch?
Wieviel neue Mittel benötigen wir?

Unser Tipp: Plant zumindest 12 Monate in die Zukunft und setzt eure Planung auf bestehenden Ist-Daten auf. Sofern ihr brauchbare Vorjahreswerte zur Verfügung habt, nutzt diese um saisonale Effekte abgleichen zu können.

Risikomanagement Schritt 4: Risiken steuern

Nun folgt also die Kür des Risikomanagement: das aktive Steuern bestehender und drohender Risiken. Die gelebte Praxis gibt uns vier mögliche Strategien zur Hand, wie wir Risiken steuern können:

1. Risiken vermeiden

Der radikalste Weg im Risikomanagement ist es, das Problem zu lösen, indem man sich vom Problem löst und das Risiko gänzlich vermeidet. Das klingt seltsam, kann aber in manchen Szenarien durchaus sinnvoll sein:
Die Vermeidung von Risiken ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist sie sehr effektiv, da sie die Ursache des Risikos löst, andererseits kann sie zu Stillstand und Chancenignoranz führen.

2. Risiken reduzieren

Der Klassiker im Risikomanagement ist der laufende Versuch, entweder die Eintrittswahrscheinlichkeit der Risiken zu reduzieren oder den Schaden nach Eintritt des Risikos zu minimieren:

Die Strategie der Risikoreduktion ist für die meisten Anwendungsfälle sehr geeignet, da sie – im Unterschied zur Risikovermeidung – das Eingehen von Risiken akzeptiert und uns gleichzeitig anhält, über das Abfedern der Risiken nachzudenken.

Risiken übertragen

Während die ersten beiden Strategien des Risikomanagement, die identifizierten Risiken vermeiden oder reduzieren wollen, lautet das Motto der Risikotransfer-Strategie „Mach deine Probleme zu Probleme der anderen.“ Das klingt vielleicht feige, kann aber unter gewissen Szenarien durchaus zielführend sein:
Während diese Strategie optimal scheint, ist die Übertragung von Risiken gerade für KMU nicht immer möglich und ist in der Regel teuer. Beispielsweise wird für das Auslagern von Forderungen von Factoring-Gesellschaften ein großzügiger Prozentsatz der Forderung einbehalten.

Mit dieser Vorlage kannst du dein Risikomanagement optimal erkennen, bewerten, planen und steuern.

Fazit: Risikomanagement ist kein nice to have, sondern ein must do!

Wir haben volles Verständnis, dass in wirtschaftlich volatilen Zeiten die unternehmerische Mentalität leidet. Gerade in diesen Zeiten gibt es aber die Möglichkeit, sich für die Zeiten nach der Krise besser aufzustellen.

Mit einer laufenden Identifikation und Bewertung von Risiken sowie einer realistischen Planung der Risikoindikatoren habt ihr die optimale Grundlage, um das zu tun, was Unternehmer:innen am besten können: Lösungen für Probleme (oder Risiken) finden und umsetzen!

Weiterführende Informationen

TÜV Nord: Umfassende Themensammlung zum Risikomanagement in Unternehmen

IHK: Checkliste für Risikomanagement in KMU

Wir sind neugierig auf eure Erfahrungen!

Wie hat euch dieser Blogbeitrag gefallen? Konntet ihr für euch ein paar hilfreiche und nützliche Informationen mitnehmen? Erzählt es uns in einer E-Mail an [email protected]

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Die wichtigsten Fragen des Beitrags noch mal auf einen Blick

Risikomanagement für Unternehmen umfasst die systematische Identifikation, Bewertung, Planung und Steuerung von bestehenden oder drohenden unternehmerischen Risiken, wie zum Beispiel Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit.

Ein internes Risikomanagementsystem besteht aus vier Schritten:

  • Berichtswesen der wichtigsten Kennzahlen, um Risiken zu erkennen
  • Benchmarks, um Risiken zu bewerten
  • Integrierte Planung, um potenzielle Risiken zu prognostizieren
  • Maßnahmen und Verantwortlichkeiten in der Organisation, um Risiken zu steuern
Risikomanagement ist für alle Unternehmen sinnvoll und notwendig. Verpflichtend ist es für alle Aktiengesellschaften und durch die EU-Restrukturierungsrichtlinie und deren lokale Umsetzung (z.B.: StaRUG in Deutschland) seit 2021 für alle Kapitalgesellschaften (auch KMU).

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